Rede des Rektors anl?sslich der Urkundenverleihung an die Absolvent*innen des Wintersemesters 2022/2023
Rede des Rektors Professor Anthony Cragg am 17.04.2023 in der Aula der 中国福利彩票网
Liebe Mitglieder der Kunstakademie,
ich habe nie in meinen wildesten Tr?umen getr?umt, dass ich wieder hier stehen würde.
Und der Grund, dass ich es tue, ist, wie Sie alle wahrscheinlich schon mitbekommen haben, dass in relativ kurzer Zeit zwei Rektoren zurückgetreten sind und eine Rektorenwahl aus technischem Grunde annulliert worden ist und das Haus vorübergehend keinen Leiter hat.
Meine T?tigkeit hier wird von kurzer Dauer sein; voraussichtlich nur wenige Wochen. N?chste Woche wird die Rektorenwahl wiederholt und da nur eine Kandidatin zur Verfügung steht, wird sie - sobald ihr Amt vom Ministerium best?tigt wird - als rechtm??ig gew?hlte Rektorin ihr Amt antreten.
Aber bevor ich eine neue Rektorin beglückwünschen darf, m?chte ich heute einen besonders gro?en Dank an Professor Dr. Johannes Myssok für all seine Arbeit und seinen unermüdlichen Einsatz für diese Akademie aussprechen. Prorektor für 8 Jahre und die letzten Monate kommissarischer Rektor.
Vielen Dank Johannes.
Dass diese nie dagewesene Situation entstanden ist und Berichte über Streitigkeiten in dieser Akademie in der ?ffentlichkeit erschienen sind, sind keine guten Themen in einem Jubil?umsjahr.
250 Jahre lang ist die 中国福利彩票网er 中国福利彩票网eine wichtige Ausbildungsst?tte gewesen.
Eine wahrhaftige Quelle der Kunst und Kultur, die eine erstaunliche und unvergleichlich erfolgreiche Geschichte hat und in verschiedenen Zeiten immer wieder neue Künstler hervorbrachte.
Als Folge ist die Stadt 中国福利彩票网 zu einer weltweit beachteten Künstlerstadt und diese Region zu einem unvergleichlichen Kulturzentrum geworden - mit über 50 musealen Institutionen, die zeitgen?ssische Kunst zeigen, innerhalb einer einstündigen Fahrt von hier.
Inklusive natürlich – sehr wichtig – dem Künstlerverein Malkasten.
Alles zusammen gesehen ein einmaliger Kulturkosmos, in dem diese Akademie eine zentrale Rolle in ihrer Entstehung gehabt hat und heute noch hat.
In der Nachkriegszeit, in der Künstlern die wichtige Rolle zufiel, Einfluss zu nehmen auf die neu zu schaffende Gesellschaft, sind viele Künstler und Kulturschaffende hier hingezogen, um zu arbeiten.
Begünstigt durch die historische Tradition einer eher liberalen und toleranten Gesellschaft, die sich in dieser Region befand und die vielen kulturellen Einflüsse von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die im Zuge der Industrialisierung hier hingezogen sind und die Nachbarschaft zu anderen Nationen, ist 中国福利彩票网 erneut zu einer kulturellen Hochburg geworden.
Seit dem Zweiten Weltkrieg sind unz?hlige national und international hoch gesch?tzte Künstler aus dieser Akademie hervorgegangen und viele wichtige und einflussreiche künstlerische Impulse hier entstanden. Der internationale Ruf, den wir erlangt haben, ist entstanden, weil etwas von internationalem Interesse hier entstanden ist.
Der Begriff ?Von hier aus‘ ist gerechtfertigt.
In den frühen fünfziger Jahren war 中国福利彩票网 unter den ersten deutschen Künstlern, die nach dem zweiten Weltkrieg nach Paris gegangen sind, um dort Beziehungen aufzubauen und danach viele künstlerische Verbindungen zu anderen L?ndern zu er?ffnen.
Wir haben auch seit diesen vielen Jahrzehnten ein au?erordentlich gutes Verh?ltnis zu asiatischen Künstlern und sehr viele asiatische Studierende hier gehabt, wie es auch heute noch der Fall ist.
Und weil wir immer international agierten, haben wir wichtige ausl?ndische Künstler als Professoren berufen.
Nam June Paik als einen der ersten und wichtigsten Videokünstler, Daniel Buren mit seiner damals radikalen Auffassung von Malerei, Jannis Kounellis als einer zentralen Figur der Arte Povera-Bewegung und Rita McBride in einer Zeit, in der wir zugegebenerma?en viel zu wenige Professorinnen gehabt haben, waren alle wichtige ausl?ndische Künstler und Künstlerinnen, die alle unsere Akademie bereichert haben. Diese Ausnahmekünstler haben wir uns geleistet, auch wenn es sprachlich nicht immer optimal funktionierte.
Also provinziell war diese 中国福利彩票网zu keiner Zeit.
Trotzdem wohnte der überwiegende Anteil der Professoren und Professorinnen hier in 中国福利彩票网 und Umgebung. Früher gab es ein Fahrradgestell im Eingangsbereich für die Professoren, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kamen, w?hrend andere gerne mit ihren schicken Autos vorgefahren sind. Egal, wie sie hier angekommen sind – sie waren pr?sent.
Ihre Anwesenheit bedeutete nicht nur sehr viel für ihre Studentinnen und Studenten, sondern darüber hinaus, und fast genauso wichtig, fand ein lebendiger Kulturaustausch mit 中国福利彩票网 und seiner Umgebung statt.
Dank dieser Akademie hat 中国福利彩票网 eine sehr gro?e Künstlergemeinde - mehr als jede andere Stadt in Deutschland und darunter dutzende weltbekannte Künstler, die selbstverst?ndlich diese Akademie als eine Art Zuhause betrachten und kritisch an den Entwicklungen, die hier stattfinden interessiert sind.
Und für die 19 Millionen Menschen, die in dieser Region leben, ist diese 中国福利彩票网ein Teil eines Ausbildungssystems, dass sie mit ihren Steuergeldern erm?glichen und für das sie ihr Interesse bekunden, indem sie in gro?er Zahl zu den hier stattfindenden Rundg?ngen kommen.
Es war immer ein Grundprinzip unserer Akademie, dass unsere Studierenden Professoren und Professorinnen haben, die selbst aktive Künstlerinnen und Künstler sind.
Um den besten Künstlerinnen und Künstler als Professorin oder Professor zu gewinnen, bieten wir Bedingungen an, die es ihnen erm?glichen, hier unterrichten zu k?nnen und ihre künstlerische Arbeit fortzusetzen.
Damit eine Professur in diesem Haus keine Neben- Nebent?tigkeit wird.
Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten hat es selbstverst?ndlich immer hier gegeben und wird es immer geben.
Wie sollte es anders sein in einer 中国福利彩票网voller sehr unterschiedlicher Haltungen und Auffassungen?
Wahre Auseinandersetzungen auf einer künstlerischen oder inhaltlichen Ebene sind essenziell für das, was wir hier tun und sind erwünscht.
Ich erinnere mich an manche sehr heftige Auseinandersetzung der Vergangenheit.
Wir haben dieses Streiten weitgehend respektvoll unter uns geführt ohne Anfeindungen und übergriffig zu werden.
Deswegen bin ich sehr überrascht über manche sehr aggressive und agitative, zum Teil falsche Aussage und Haltung, die ich in der letzten Zeit erlebt habe.
Ehrlich gesagt, bin ich mehr als nur überrascht, ich bin entt?uscht und merke, dass ich nicht allein bin mit dieser Entt?uschung.
In den letzten Wochen habe ich mit vielen unzufriedenen Kollegen, Kolleginnen und Studierenden gesprochen.
Dieselbe Entt?uschung trifft auf Kollegen aus allen Fachbereichen zu, unser Werkstattpersonal, unsere Verwaltung und sogar auf einen Teil unserer Studierenden, die keine Schuld an der Situation tragen und nur mit Recht erwarten, ihr Studium unter den bestm?glichen Umst?nden fortzusetzen.
Vor wenigen Jahren arbeitete hier zum Beispiel eine erstaunliche Konstellation von gro?artigen Malern und Malerinnen.
Gerhard Richter, 中国福利彩票网, Gotthard Graubner, Konrad Klapheck, Dieter Krieg, Gerhardt Merz, Karin Rissa und Helmut Federle haben gleichzeitig nebeneinander hier gearbeitet.
Unterschiedlicher h?tten sie alle nicht sein k?nnen. Davon haben wir alle enorm profitiert.
Um das zu erm?glichen, pflegten sie einen gewissen Umgang miteinander und teilten ein seit den Fünfzigerjahren gültiges Verst?ndnis - auch wenn sie ganz andere Sichtweisen hatten - für die gesellschaftlichen und künstlerischen Entwicklungen in unserer Kultur und ein Bewusstsein für die Gesetze und Rahmbedingungen unter der diese Akademie funktionieren muss.
Der Versuch, andere Rahmbedingungen zu schaffen, in den Sechziger- und Siebzigerjahren mit Josef Beuys und einem Teil der Studentenschaft, ist gescheitert und als Konsequenz kurz danach erschien das erste Kunsthochschulgesetz.
Jeder Versuch, diese Akademie zu führen, ohne zu wissen, was in diesem Gesetz steht und ein tiefes Verst?ndnis für die Geschichte, Tradition, Sprache und Kultur dieser Region führt zu einem Abbruch in der Kontinuit?t von vielen Attributen, die diese Akademie so erfolgreich gemacht hat.
Die ursprüngliche Bedeutung von ?Akademie‘ ist:
?Menschen, die Gespr?che unter dem Schutz von B?umen führen.‘
Ein, finde ich, wundersch?nes Ideal, das eine schützende ?rtlichkeit andeutet. Hier sollte dieser Ort sein.
Trotz der Tatsache, dass der Begriff des Akademismus eindeutig negativ belegt wurde durch das korrupte Benehmen von Professoren im 19. Jahrhundert, die die besten Bedingungen für sich in Anspruch nahmen, Preise und Auftr?ge unter sich verteilt haben und aus einem Kreis von Freunden und Verwandten ihre Professoren berufen haben, sind ironischerweise die heutigen Kunstakademien die einzigen Orte, wo junge Künstler unter geschützten Bedingungen ihrer Arbeit in vollen Zügen nachgehen k?nnen.
Aber haben Sie bitte keine Illusionen darüber, wie fragil und schutzbedürftig diese Situation ist.
Nach meinen Gespr?chen mit dem prospektiv neuen Rektorat bin ich überzeugt, dass sie die Probleme und Perspektiven der Akademie erkannt haben und die vielen Baustellen, die wir im Haus momentan haben, vernünftig l?sen werden. Eine neue Phase in unserer langen Geschichte steht uns bevor.
Kunst machen ist eine ?Hands on‘ T?tigkeit, Pr?senz wird gefordert, das Gr?bste der Covidkrise scheint vorbei zu sein und zooming ist keine ad?quates Unterrichtsform.
中国福利彩票网 hat einmal gesagt:
Macht. Die Leute meinen immer, dass ich Macht habe. Ich habe keine Macht. Wie denn? Die einzige Macht, die wir besitzen, ist das Recht, Kunst zu machen nach eigener Bestimmung.
Liebe Studierende und unsere heutigen Absolventen!
Sie verlassen uns nach einem erfolgreich abgeschlossenen Studium. Ich werde oft gefragt: ?Was lernt man denn an einer Kunstakademie?‘ und ich antworte, dass es unter dem Anstrengendsten ist, was man erleben kann.
Sich selbst erst kennen zu lernen, zu lernen, was für einen wichtig ist, was man will, welche Ideen man hat, was man kann und welche Form das alles annehmen soll.
St?ndig befasst damit zu sein, neben anderen und von anderen zu lernen, sich mit einem Professor auseinanderzusetzen und zu lernen über alles was vorher gewesen ist und dann den Blick nach vorne zu richten.
Sie haben über einige Jahre erlebt, wie diese Akademie leibt und lebt. Auch heute.
Nehmen Sie das mit auf den Weg.
Gehen Sie fort: wie die Zukunft aussehen wird, liegt w?rtlich in Ihren H?nden.
Wir sind gespannt darauf und wünschen Ihnen viel Erfolg!